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Es werden Posts vom Juni, 2019 angezeigt.

Buchkritik „Gauland“ von Olaf Sundermeyer

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Der Journalist Olaf Sundermeyer hat 2018 mit dem Buch „Gauland. Die Rache des alten Mannes“ eine kritische Biografie zu dem derzeit wichtigsten AfD-Fuktionär vorgelegt.  Sicher war dieses Buchprojekt auch der Versuch von der kritischen Aufmerksamkeit gegenüber der AfD zu profitieren. So scheint das mit unter 200 Seiten für eine Biografie auch eher dünne Werk recht schnell produziert worden zu sein. Da Sundermeyer Gauland und dessen (ehemalige) WeggefährtInnen immer wieder persönlich traf, sind größere Teile des Buches im eher lockeren Reportagestil geschrieben. Sundermeyer beschreibt den Lebensweg dieses Bonsai-Bismarck, der bis zu seinem 72. Lebensjahr Teil des Establishments war, das er heute angreift. Gauland war Zeit seines Arbeitslebens ein politischer Beamter, vor allem im hessischen CDU-Establishment. In Frankfurt war er Mitarbeiter des neu gewählten CDU-Oberbürgermeisters. Damals war er sogar Autor im linken Magazin „Pflasterstrand“ und formulierte für seinen Chef die F

Buchkritik „Das Geräusch der Dinge beim Fallen“ von Juan Gabriel Vasquez

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Der 2011 erschienene Roman „Das Geräusch der Dinge beim Fallen“ des kolumbianischen Autors Juan Gabriel Vasquez spielt in den 1990er Jahren in der Hauptstadt Bogota. Antonio Yammara, ein 26-jähriger Professor für Jura, lernt in einem Billardsalon den ehemaligen Häftling Ricardo Laverde kennen. Die eher oberflächliche Männerfreundschaft wird durchbrochen als 1996 Laverdes Ex-Frau bei einem Flugzeugunglück ums Leben kommt. Wenig später wird Laverde bei einem Pistolen-Attentat ermordet und Yammara schwer verletzt. Yammara überlebt zwar, ist aber traumatisiert: „Der Arzt ließ sich über meine Furcht aus, das Haus zu verlassen, warf mir das Wort Agoraphobie zu wie einen zerbrechlichen Gegenstand, der nicht zu Boden fallen darf […].“ (Seite 71) Dieses Trauma belastet die Beziehung zu seiner Frau Aura und ihrer gemeinsamen Tochter Leticia. Ihn verstört vor allem das er nicht weiß, warum es zu diesem Attentat kam. Nach und nach findet er aber mehr über das Leben von Ricardo Laver

Buchkritik „Neue Vahr Süd“ von Sven Regener

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Wenn „Herr Lehmann“ der (West-)Berlin-Roman von Sven Regener war, so ist „Neue Vahr Süd“ sein Bremen-Roman. Beschrieben wird ein früher Lebensabschnitt aus dem Leben von 'Herrn Lehmann' um das Jahr 1980. Der hat gerade seine Ausbildung beendet, wohnt noch bei seinen Eltern und muss zur Bundeswehr. Eigentlich will er gar nicht, hat aber verpennt zu verweigern. Also muss er in die Kaserne in Dörverden. Ansonsten liest man von dem durchschnittlichen Leben eines eher orientierungslosen jungen Menschen. 'Herr Lehmann', genannt Frank nach seinem Vornamen, ist kein Held, sondern eher ein Durchschnittstyp mit den typischen Problemen seiner Generation. Er zieht bei seinen Eltern aus und in eine WG ein. Dort gibt es allerhand Streitereien. Dann gibt es auch noch Verliebtheiten und Romanzen: „[...], und er merkte, daß ihm etwas flau im Magen wurde, und zum ersten Mal seit langer Zeit kam ihm die Erinnerung an die Möglichkeit von Sex zurück wie ein guter Freund, de

Buchkritik „Zornfried“ von Jörg-Uwe Albig

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Der Schriftsteller Jörg-Uwe Albig hat mit „Zornfried“ einen satirischen Roman zu der heiß diskutierten Frage „Mit Rechten reden?“ abgeliefert. In ihm begibt sich der Journalist Jan Brock von den „Frankfurter Nachrichten“ auf die Spuren der krummen Verse des rechten Dichters Storm Linne, der eine Mischung aus Stefan George, Ernst Jünger und Botho Strauß ist. Brock folgt dem „Rechts-Rilke“ auf die fiktive Burg „Zornfried“ bei Wuthen im Spessart, denn: „ Es hat keinen Sinn, an der Gegensprechanlage abzuweisen, was längst vor der Wohnungstür steht.“ (Seite 20) Aufrüttelnd war eine Aktion junger Männer die einen hölzernen Satz von Linne bei einer Veranstaltung an die Wand sprühten. Auf „Zornfried“ herrscht Hartmut Freiherr von Schierling, der sich mit seiner Frau siezt. Spätestens hier werden die realen Vorbilder der fiktiven Figuren klar. Zornfried ist das Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt. Hartmut Freiherr von Schierling ist der dort beheimatete Götz Kubitschek

„Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend“ von Charles Bukowski

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Wer depressiv ist sollte nichts von Charles Bukowki (1920-1994) lesen. Seine Texte und Gedichte schildern ungeschönt das harte Leben. Wer wissen will, wie es soweit kommen konnte, die/der muss seinen Roman „Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend“ lesen. Man erfährt von Bukowskis Kindheit und Jugend und versteht das seine Härte eine Reaktion ist. Er wächst ohne Zuneigung oder Zärtlichkeit auf. Sein Vater bestraft ihn durch Prügelstrafe mit dem Lederriemen ein- oder zweimal in der Woche. Anlass kann schon sein dass der junge Henry Chinaski, genannt „Hank“, zwei Grashalme nicht abgemäht hat. Die Arbeit zu Hause isoliert ihn von anderen Kindern, obwohl er gerne Football und Baseball spielt und es dann in der Schule auch tut. Er und die Nachbarskinder kommen aus der unteren Mittelschicht, denen die Wirtschaftskrise zusetzt: „Wir kamen alle aus Familien, denen die Wirtschaftskrise ausgesetzt hatte, die meisten von uns waren schlecht ernährt, und trotzdem waren wi

Buchkritik „Leo Kaplan“ von Leon de Winter

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Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter hat mit seinem Roman „Leo Kaplan“ ein Buch veröffentlicht, in dem es wieder mal um sein Alter Ego geht. Der titelgebende Hauptprotagonist des Buchs ist Leo Kaplan, Jahrgang 1946. Er wächst als einziger jüdischer Junge in einer katholischen Stadt Den Bosch in den Niederlanden auf. Seine Eltern sind Holocaustüberlebende und er lebt in den Erinnerungen seiner Eltern, der ausgestorbenen (west)jiddische Kultur. Er ist das einzige Kind seiner traumatisierten Eltern. So bleibt er in gewisser Weise ein Fremder in seiner eigenen Stadt. Doch er zieht zum Studium weg und lernt seine große Liebe Ellen Moses kennen. Durch diese Liebe mit einer Christin entfernt er sich von seinen Eltern. Gleichzeit bricht sich auch in den Niederlanden die Studentenrevolte Bahn. Doch es kommt zur Trennung zwischen Leo und Ellen. So erfährt Leo nichts von der Geburt seines Sohns Maurits. Erst 19 Jahre später begegnet er Ellen als 38jähriger wieder,

Buchkritik „Der Bücherdrache“ von Walther Moers

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In dem Fantasie-Roman „Der Bücherdrache“ erzählt der schriftstellernde Dinosaurier Hildegunst von Mythenmetz wie ihm der Buchling „Hildegunst Zwei“ von seiner Begegnung mit dem Bücherdrachen „Nathaviel“ erzählt.  Das ist ja ganz nett und auch schön bebildert, aber sehr viel schwächer als „Rumo“ oder die „13 ½ Leben des Käpt‘n Blaubär“. Es sind für von Moers früheren Büchern verwöhnte Menschen nur wenig neue originelle Ideen dabei.  Moers erschafft nicht mehr neue Welten, sondern bewegt sich in bereits erschaffenen. Das die mageren 160 Seiten in Hardcover gepresst wurden und auch zum entsprechenden Preis verkauft werden, lässt die das Buch nur Moers-Fans zur Lektüre empfehlen. Alle anderen greifen bitte zu früheren Büchern des Meisters.  Walter Moers: Der Bücherdrache, München 2019.