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Es werden Posts vom Januar, 2019 angezeigt.

Buchkritik „Der ewige Sündenbock“ von Tilman Tarach

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Das Buch „Der ewige Sündenbock“ von Tilman Tarach ist 2009 erstmals erschienen. Bis heute gab es mehrere Neuauflagen. Im Untertitel heißt es „Heiliger Krieg, die „Protokolle der Weisen von Zion“ und die Verlogenheit der sogenannten Linken im Nahostkonflikt“. Es geht um Israel, israelbezogenen Antisemitismus und die weltweite Anti-Israel-Lobby. Antisemitismus wird dabei wie folgt definiert: „Beim Antisemitismus handelt es sich also um nichts weniger als um eine Massenpsychose.“ (Seite 48) Das Buch ist faktenreich und stützt sich auf über 400 Fußnoten und viele Zitate. Es ist eine Fleißarbeit und kann als Argumente-Band für die israelsolidarische Linke verstanden werden. Auch für Kenner*innen dürfte einiges Neues im Buch dabei sein. Etwa das Jaffa, Haifa und Tel Aviv durch die deutsche und italienische Luftwaffe bombardiert wurden. Oder das ehemalige Nazi-Deutsche und Ustascha-Kroaten beim Krieg 1948 gegen Israel mitmischten. Oder das der langjährige Palästinenserführer Yassir Ar

Buchkritik „Schule der Arbeitslosen“ von Joachim Zelter

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Joachim Zelter hat mit „Schule der Arbeitslosen“ 2006 einen dystopischen Roman verfasst, der sich inzwischen mit der Wirklichkeit vermischt hat. In seinem Roman ist die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik eskaliert und rangiert irgendwo zwischen sechs und zehn Millionen. Offizielle Zahlen werden nicht mehr veröffentlicht. Der staatliche Umgang mit Arbeitslosen ist zum offenen Armutsverwaltungsregime mutiert. Speziell ausgewählte Arbeitslose werden in Trainingscamps, „Schulen“, geschickt und werden dort für die Arbeitssuche trainiert. Eine dieser „Schulen“ heißt „Sphericon“ und Zelter beschreibt die Schüler*innen und ihren „Schulalltag“, besonders den von Roland Bergmann und Karla Meier. „Sphericon“ ist eine Mischung aus Managerseminar, Grundwehrdienst, Bootcamp, Scientology und Kadettenschule. Die Hausordnung umfasst 100 Seiten. Die 150 Trainer und Trainees tragen Uniformen und das Gelände ist im Nirgendwo, so dass eine Kasernierung und Isolierung stattfindet. Die Trainer sind ei

Buchkritik „Das Recht auf Rückkehr“ von Leon de Winter

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Im Jahr 2008 verfasste der niederländisch-jüdische Autor Leon de Winter den dystopischen Roman „Das Recht auf Rückkehr“. In ihm stehen im Nahostkonflikt die PalästinenserInnen im Jahr 2024 vor einem Sieg. Ein islamisiertes Palästina ist entstanden und hat sich nach und nach immer mehr Teile des Staates Israels einverleibt, auch Gebiete aus den Grenzen vor 1968. Neben Galiläa ist das auch Jerusalem, inklusive der Altstadt. Israel ist auf einen Stadtstaat von der Fläche Groß-TelAvivs geschrumpft. Die orthodoxen Juden und Jüdinnen sind in das palästinensische Jerusalem ausgewandert und erwarten den Messias. Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen. Der Hauptprotagonist ist Bram Mannheim, ein Professor für Geschichte im Jahr 2008. Auf Angebot einer Eliteuniversität übersiedelt Bram mit Frau und Kind, Rachel und Ben, in die USA. Doch hier verschwindet sein junger Sohn Ben. Zwei Jahre später, 2011, ist Bram obdachlos und auf der Suche nach seinem Kind. Er ist einer Zahlenmystik verfall

Buchkritik „Türke aber trotzdem intelligent“ von Selcuc Cara

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Es ist ein schmales Bändchen, was Selcuc Cara, Jahrgang 1969, mit „Türke aber trotzdem intelligent. Meine vollkommen verrücktes deutsches Leben“ (Hamburg, 2016) vorgelegt hat. Es handelt sich eher um eine autobiografische Skizze mit anekdotischen Charakter als um eine umfassende Autobiografie des Autoren. Die Auswahl ist selektiv. Die/der Leser*in erfährt zum Beispiel leider nicht, wie er seine Frau kennen gelernt hat, warum er sich anfangs für ein Philosophie-Studium entschieden hat oder wie er zum Segeln kam. Ebensowenig erfährt man, warum er plötzlich in Köln wohnt.  Cara wächst als das Kind von Eltern aus Südostanatolien in der damaligen Neonazi-Hochburg Langen in NRW auf. Eindrücklich beschreibt er seine Erfahrungen von Alltagsrassismus und Alltagsneonazismus. Etwa wie die Eltern seiner ersten Freundin ihm den Umgang mit seiner Tochter verbieten, weil er Türke ist oder das Hakenkreuz an seinem Haus. Oder das racial profiling der Polizei:  „Jahre später wurden die stän