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Es werden Posts vom März, 2019 angezeigt.

Buchkritik „Tannöd“ von Andrea Maria Schenkel

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Der Krimi „Tannenöd“ von Andrea Maria Schenkel ist ein dünner Band, der einen guten Krimi enthält. In kurzen Kapiteln wird ein realer Mehrfachmord bzw. die auf ihn hinlaufende Handlung beschrieben. Die Geschichte spielt in den 1950ern im ländlichen und katholisch-frömmlerischen Bayern. In der Nähe eines kleinen Dorfes liegt ein Einödhof, eine Art düsteres Anti-Bullerbü. Hier herrscht der alte Danner, ein einsilbiger Mann, als Patriarch: „Niemand kann über ihn bestimmen. Er ist das Maß aller Dinge hier. Hier auf dem Hof ist er der Herrgott. Da kann sein Weib noch soviel beten.“ (Seite 64) Der Rest des Hofs, also Familie und eine Magd, müssen ihm gehorchen. Außerhalb des Hofs sind die HofbewohnerInnen als Eigenbrötler verschrien. So fällt es anfangs nicht auf das sie alle ermordet wurden. In Form einer fiktiven Befragung äußern sich im Buch die DorfbewohnerInnen zu den Opfern. Dabei werden auch alte Geschichten ausgegraben. Enthalten sie ein Mordmotiv? Dicht und spannend bis zum

Buchkritik „Americanah“ von Chimanda Ngozi Adichie

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Der Roman „Americanah“ von Chimanda Ngozi Adichie spielt vor allem an zwei Orten: In Nigeria und in den Vereinigten Staaten. Im ersten Teil beschreibt der Roman das Aufwachsen der Hauptprotagonistin Ifemelu und ihrer Familie in der nigerianischen Hauptstadt Lagos. Ihre Probleme als Mittelschichtskind an einer Oberschichtsschule sind Thema. Oder wie sie Obinze, einen Professorinsohn, kennen lernt und mit ihm zusammen kommt und aus einer Teenager-Beziehung nach und nach eine erwachsene Beziehung wird: „Ihr gefiel, dass er ihre Beziehung so mutig zu Schau stellte wie ein knallbuntes Hemd. Manchmal sorgte sie sich, dass sie zu glücklich war. Dann verdüsterte sich ihre Stimmung, und sie fuhr Obinze an oder verhielt sich distanziert. Und ihre Freude wurde zu einem ruhelosen Ding, das in ihr mit den Flügeln schlug, als suchte es nach einer Öffnung, um fortzufliegen. “ (Seite 86) Der/dem Leser/in wird klar das Nigeria eine junge und lebendige Gesellschaft ist, die im Verlauf des Roman

Comickritik „Rosa“ von Kate Evans

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Der Comic „Rosa“, im Originaltitel „Red Rosa“, von Kate Evans ist eine Comicbiografie der 1919 ermordeten Revolutionärin Rosa Luxemburg. Geschildert wird Luxemburgs gesamtes Leben. Am Anfang steht ihr Aufwachsen in einer bürgerlich jüdischen Familie im russisch verwalteten Teil Polens. BILD Comic.Rosa.a.Laecheln Ihre Eltern sind trotz ihrer Religiösität und in Anbetracht der Zeit liberal. Sie und ihre Söhne lieben Rosa Luxemburg und behandeln sie als Gleiche unter Gleichen. Gleichzeitig kriegt sie eine gesunde Portion Bildung verabreicht: „Im Hause der Luxemburgs herrscht finanzielle Armut, aber kultureller Reichtum.“ (Seite 46) Schon als 17-Jährige schließt sich Luxemburg den Sozialisten an, die zu dieser Zeit staatliche verfolgt werden. Rosas Biografie als Jüdin wird im Comic genauso erwähnt wie die antisemitischen Angriffe gegen sie. Luxemburg ist bildungshungrig. Sie geht nach Zürich, wo an der Universität auch Frauen studieren können. Eine absolute Seltenheit zu dies

Buchkritik „Oder Florida“ von Christian Bangel

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Der 2017 erschienene Erstlingsroman „Oder Florida“ von Christian Bangel dürfte einige biografische Aspekte des Verfassers enthalten. Bangel wurde 1979 in Frankfurt/Oder geboren und ist in der Grenzstadt aufgewachsen. Auch sein Hauptprotagonist Matthias Freier lebt in Frankfurt/Oder. Das Buch spielt im Jahr 1998 und Freier ist ein 20 Jahre alter Selfmade-Journalist. Er arbeitet für das wöchentlich erscheinende Stadtmagazin „0335“ und die Werbeagentur seines Chefs Fliege. Der ist ein Ex-Autonomer und Ex-Hausbesetzer, der es durch seine Kreativität geschafft hat, sich eine Existenz aufzubauen. Sein neuestes Projekt ist die Unterwanderung der Stadt-SPD, um einen eigenen Bürgermeister-Kandidaten zu installieren. Freier soll dabei als sein Pressesprecher der Wahlkampagne fungieren. Doch dieser Kandidat, Günther Franziskus, entpuppt sich als harter Neoliberaler, der selbst Gerhard Schröder für einen Kommunisten hält. Fliege setzt dagegen eher auf Linkspopulismus und veranstaltet Demos für b

Buchkritik „Ein gutes Herz“ von Leon de Winter

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Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter hat 2013 mit dem Roman „Ein gutes Herz“ eine Collage aus realen und fiktiven Personen vorgelegt. Das Buch ist ein verschachteltes und verknäultes Beziehungsdrama von Personen aus der Niederlanden und den USA. Hier einmal die bösartig-gute Beschreibung von Amsterdam im Buch: „Wenn man hier an so einem Morgen die Augen aufschlägt, würde man sich am liebsten vom Dach gestürzt. Berlin, London, Paris, New York kamen morgens ganz anders in die Gänge. Wie erwachende Riesen, die sich wohlig räkelten und streckten. Theos Stadt dagegen tauchte mit verquollenen Augen und stinkenden Achseln aus der Nacht auf. Wie ein kleiner Büroangestellter mit feuchten Wunschträumen und müffelnden Fingerspitzen, die ihn daran erinnerten, wo er sich stundenlang gekratzt hatte.“ (Seite 9) Zu dem Beziehungsdrama auf mehreren realen Ebenen gesellt sich eine Portion Fantasie, denn im Buch existieren Engel. Die Geschichte beginnt im November 2004 in Amsterdam m