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Es werden Posts vom August, 2019 angezeigt.

Buchkritik „Die Gabe“ von Naomi Alderman

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Die Schriftstellerin Naomi Alderman aus London hat 2016 mit ihrem dystopischen Roman „Die Gabe“ ein Buch vorgelegt, in dem die Geschlechterverhältnisse umgekehrt werden. Etwa in unserer Zeit entdecken 13-14jährige Mädchen mit der Pubertät das sie „die Gabe“ oder „die Kraft“ in sich tragen. Sie können kontrollierte elektrostatische Stöße durch die Hände abgeben, die sogar den Tod verursachen können. Durch „die Gabe“ wird das vorgeblich ‚schwache‘, in Wahrheit aber schwach gemachte, Geschlecht plötzlich das stärkere Geschlecht. Diese Fähigkeit erstreckt sich nicht nur auf jüngere Frauen, sondern kann von diesen auch in älteren Frauen erweckt werden. Die Theorien über Ursprung und Ursache sind unterschiedlich. Im Roman abgebildete historische Artefakte deuten darauf an dass „die Gabe“ schon seit Jahrtausenden in Frauen schlummerte. Anderen Theorien zufolge hat sich die Fähigkeit durch den Einsatz des Anti-Gifts „Guardian Angel“ im Zweiten Weltkrieg, was das weiblich Erbg

Buchkritik „Hinterwald“ von Lissbeth Lutter

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Der Krimi „Hinterwald“ von Lissbeth Lutter spielt 2002 und 2003 im bayrischen Oberland in der fiktiven Stadt Hinterwald. Diese Städtchen ist ein Alpenidyll und deswegen auch ein Tourismusort. Doch der Schein der Idylle trügt. Hinterwald ist Standort ein Kaserne der Gebirgsjäger, die vor 1945 von hier auch aufbrachen, um an den NS-Vernichtungs- und Eroberungsfeldzügen teilzunehmen. Viele der Veteranen dieser Feldzüge leben auch 2002 noch in Hinterwald: „Sie hatten mitgemacht bei Deportationen, Erschießungen, blutigen Racheaktionen, sie hatten sie zum Teil sogar befohlen. Doch statt in einer angemessenen Neun-Quadratmeter-Zelle zu sitzen, verbrachten sie in ihren Lebensabend hochbetagt, geehrt und in Frieden in ihren balkonbewehrten, geraniengeschmückten und mit Lüftlmalerei verzierten Alpenfestungen. Diesen ruhigen Lebensabend wollten sie ihnen gründlich verderben. “ (Seite 57) Doch die Altersruhe der NS-Kriegsverbrecher wird gestört als 2002 linke Aktivist*innen aus Dortmund einen

Buchkritik „Imagine Africa 2060“, herausgegeben von Christa Morgenrath und Eva Wernecke

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Der in diesem Jahr erschienene Sammelband „Imagine Africa 2060. Geschichten zur Zukunft eines Kontinents“, herausgegeben von Christa Morgenrath und Eva Wernecke, vereint zehn Kurzgeschichten, die in einem Afrika des Jahres 2060 angesiedelt sind. Die fünf Frauen und fünf Männer, deren Geschichten hier versammelt sind, widmen sich auf ganz unterschiedliche Art diesem Thema. In der ersten Geschichte „Als die Welt untergegangen war ...“ beschreibt der Autor Jose Eduardo Agualusa zum Beispiel eine Welt, die von Wasser bedeckt ist. Deswegen sind die Menschen mit Luftflößen und Zeppelinen in den Himmel geflohen. Hier gibt es kleine Fischerdörfer, aber auch ganze Städte wie „Paris“ oder „Luanda“ mit bis zu 50.000 Bewohner*innen: „Die Länder sind weg, aber es gibt noch Städte, die jetzt überall unterwegs sind. Ortsbezeichnungen sind beweglich geworden.“ (Seite 19) Doch mit dem Entschweben in die Höhe hat sich auch die Einteilung von Reich und Arm in den Himmel erhoben. Für d

Buchkritik „Die Informanten“ von Juan Gabriel Vasquez

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Es ist die kolumbianische Geschichte, die Vasquez in seinem 2004 im Original erschienenen Roman „Die Informanten“ als setting verwendet. Der Roman spielt nur in Kolumbien und hier in den Städten Bogota, Medellin und Duitama. Im Roman gibt dabei sechs Zeitebenen: - Die Zeit 1938/39, in der aus Deutschland die jüdische Familie Gutmann flieht und nach Kolumbien einwandert. - Die Zeit 1941-45, in der die deutschsprachige Gemeinschaft, die in Nazis und Anti-Nazis gespalten ist, vom kolumbianischen Staat mit Repression gegen echte und vermeintliche NS-AnhängerInnen, überzogen wird. Hintergrund ist die Parteinahme Kolumbiens für die Alliierten. Es gab schwarze Boykottlisten ab 1941 und ab 1944 wurden mehrere hundert deutsche Männer interniert, allerdings in einem Luxushotel. - Die Zeit 1946/47, in der ein Mann, der diese Repression erlitten hat, an den Folgen endgültig kaputt geht.  - Die Zeit 1988, in der der Ich-Erzähler der Geschichte, Gabriel Santoro junior, als Journalis