„Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend“ von Charles Bukowski
Wer depressiv ist
sollte nichts von Charles Bukowki (1920-1994) lesen. Seine Texte und
Gedichte schildern ungeschönt das harte Leben. Wer wissen will, wie
es soweit kommen konnte, die/der muss seinen Roman „Das Schlimmste
kommt noch oder Fast eine Jugend“ lesen.
Man erfährt von
Bukowskis Kindheit und Jugend und versteht das seine Härte eine
Reaktion ist.
Er wächst ohne
Zuneigung oder Zärtlichkeit auf. Sein Vater bestraft ihn durch
Prügelstrafe mit dem Lederriemen ein- oder zweimal in der Woche.
Anlass kann schon sein dass der junge Henry Chinaski, genannt „Hank“,
zwei Grashalme nicht abgemäht hat.
Die Arbeit zu Hause
isoliert ihn von anderen Kindern, obwohl er gerne Football und
Baseball spielt und es dann in der Schule auch tut.
Er und die
Nachbarskinder kommen aus der unteren Mittelschicht, denen die
Wirtschaftskrise zusetzt: „Wir kamen alle aus Familien, denen
die Wirtschaftskrise ausgesetzt hatte, die meisten von uns waren
schlecht ernährt, und trotzdem waren wir groß und kräftig
geworden. Ich glaube, die wenigsten bekamen so etwas wie Zuwendung
von ihren Eltern, aber wir wollten auch gar nicht geliebt und
gehätschelt werden.“ (Seite 105)
Seine Eltern sind lange
arbeitslos, versuchen aber vor ihrer Umwelt zu verbergen das auch sie
von der Fürsorge leben:
„Zwar waren die
meisten Nachbarn arbeitslos, aber sie sollten nicht merken, daß er
genauso dran war. Also stieg er jeden Morgen zur gleichen Zeit in
sein Auto und ratterte los, als fahre er zur Arbeit, und jeden Abend
kam er exakt zur gleichen Zeit zurück.“ (Seite 131)
Bukowskis Eltern
schicken ihren Sohn auf eine Reichen-Schule:
„Er hatte mich in
diese Schule der Reichen geschickt, weil er hoffte, die Einstellung
der Herrschenden würde auf mich abfärben, während ich den reichen
Jungs zusah, die in ihren cremefarbenen Coupés angeknattert kamen
und die Mädchen in ihren bunten Kleidern auflasen. Statt dessen zog
ich daraus nur die Lehre, daß die Armen gewöhnlich arm bleiben. Daß
die jungen Reichen den Mief der Armut schnüffeln und lernen, ihn ein
bißchen amüsant zu finden.“ (Seite 230-31)
Das Einkommen isoliert
Hank genauso von seinen Klassenkameraden wie seine extreme Akne, die
so stark ist dass er ein Jahr daheim belieben muss.
In dieser Einsamkeit
verschlingt er Bücher aus der Bibliothek beginnt zu schreiben.
Trotz oder vielmehr
gerade wegen seiner Isolation setzt die Pubertät und die damit
einher gehende Notgeilheit Hank zu. So ist ehrlicherweise auch
Masturbation ein Thema im Buch.
Sein Neid auf die
reiche, älteren Mitschüler ist riesig:
„Doch dann wurde
mir ihr Anblick zuviel. Ich haßte sie. Ich haßte ihre Schönheit,
ihre sorglose Jugend. Ich besah sie mir, wie sie durch die magischen
Lichtornamente glitten, einander hielten, sich gut fühlten wie
kleine unbeschwerte Kinder, die eine vorübergehende Glückssträhne
auskosten, und ich haßte sie, weil sie mir etwas voraus hatten.“
(Seite 232)
Aus geballtem
Lebensfrust wird Hank als Kind deutscher Einwanderer sogar eine Zeit
lang Nazi, obwohl er im Grunde eher ein Nihilist ist.
Schließlich macht
er seinen Abschluss und bekommt sein Diplom:
„Ich ging auf die
Bühne, nahm das Diplom entgegen, schüttelte dem Direktor die Hand.
Es war ein schleimiges Gefühl, als greife man in ein vergammeltes
Aquarium.“ (Seite 235)
Doch Bukowski geht
nicht positiv gestimmt in die Zukunft, sondern pessimistisch. Ein
Pessimismus, den er versucht im Alkohol zu ertränken:
„Meine Aussichten
waren noch genauso trüb wie am Tag meiner Geburt. Der einzige
Unterschied war, daß ich mich jetzt ab und zu betrinken konnte, wenn
auch nicht oft genug. Trinken war das einzige, was einen Mann davor
bewahrte, sich für alle Zeiten dumpf und nutzlos zu fühlen. Alles
andere war nur ein ermüdend gleichförmiger Trott und Verschleiß.“
(Seite 294)
Die Lektüre lohnt
sich vor allem für Bukowski-Fans.
Charles Bukowski:
Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend, München Juni 1986.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen