Reportageband „Frauen dieser Welt“ von Peter Menzel und Faith d'Aluisio

Mit ihrem Bildreportageband „Frauen dieser Welt“ haben Peter Menzel und Faith d'Aluisio 1996 ein eindrucksvolles Zeitdokument herausgegeben. Der Band besteht aus Schrift- und Bild-Porträts von Frauen aus Albanien, Bhutan, Brasilien, China, Kuba, Äthiopien, Guatemala, Haiti, Indien, Israel, Italien, Japan, Jordanien, Mali, Mexiko, Mongolei, Rußland, Südafrika, Thailand und den USA. Die porträtierten Frauen wurden nicht nur nur in der Hauptstadt eines Landes gesucht. Aus jeder dieser Länder wurde ein Frau ausgewählt, die dann über mehrere Seiten im Band vorgestellt und interviewt wird, auch um durch die Fragen mehr Informationen aus den Befragten herauszukitzeln. Im Interview wird z.B. auch nach Kategorien wie „Verhaßteste Tätigkeit“ gefragt. Neben dem Interviews gibt es noch Informationen zur allgemeinen Situation der Frauen in den Ländern. Außerdem gibt es mit der Kategorie „Aus dem Tagebuch“ noch ergänzend einen eher ethnologischen Blick. Klar wird nach der Lektüre, das Patriarchat findet sich in allen Ländern und auch in allen Kulturen. Überall wird der Großteil der Hausarbeit den Frauen aufbürdet. Es ist also nicht, wie manche Theoretiker*innen behaupten, der Siegeszug der westlich geprägten Moderne, der das Patriarchat erst verbreitet hat. Die meisten der Frauen sind ganz normale Frauen in ihren Ländern. Bis auf Italien, Israel, Rußland, Japan und den USA handelt es sich bei den Porträtierten eher um arme Frauen, die ein entbehrungsreiches Leben führen. Auf dem Land sind es vor allem Bäuerinnen. In den USA wird übrigens eine Frau aus einer evangelikaler Familie vorgestellt, die sich auch in einem verstärkten Patriarchat bewegt. Manche der Berichte sind erbarmungswürdig. Ein Frau berichtet etwa dass sie bereits zwei Tage nach der Geburt wieder auf dem Feld arbeiten musste. Erkennbar ist auch der Zusammenhang zwischen geringere Bildung und Kinderreichtum. Frauen mit umfangreicher Bildung haben weniger Kinder. Im Buch werden auch patriarchale Sondertraditionen erkennbar. Etwa die Tradition der Mitgift, also das die Verheiratung von Frauen bezahlt werden muss. Oder die Frauenbeschneidung und eine Frau berichtet als Frau von ihrem späteren Mann geraubt worden zu sein. Fast allen Frauen dürfte gemeinsam sein dass in ihren Familien geborene Söhne als wertvoller betrachtet werden, zum Teil von ihnen selbst. Vielen der armen und überarbeiteten Frauen bleibt in ihrem Leben nur wenig Zeit für Reflexion. Trotzdem wünschen sich fast alle Mütter ein besseres Leben für ihre Töchter. Auch nach über 20 Jahren lohnt sich die Lektüre unbedingt. Peter Menzel, Faith d'Aluisio: Frauen dieser Welt, 3. Auflage 1999.

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