Buchkritik „Zornfried“ von Jörg-Uwe Albig




Der Schriftsteller Jörg-Uwe Albig hat mit „Zornfried“ einen satirischen Roman zu der heiß diskutierten Frage „Mit Rechten reden?“ abgeliefert.
In ihm begibt sich der Journalist Jan Brock von den „Frankfurter Nachrichten“ auf die Spuren der krummen Verse des rechten Dichters Storm Linne, der eine Mischung aus Stefan George, Ernst Jünger und Botho Strauß ist. Brock folgt dem „Rechts-Rilke“ auf die fiktive Burg „Zornfried“ bei Wuthen im Spessart, denn:
Es hat keinen Sinn, an der Gegensprechanlage abzuweisen, was längst vor der Wohnungstür steht.“ (Seite 20)
Aufrüttelnd war eine Aktion junger Männer die einen hölzernen Satz von Linne bei einer Veranstaltung an die Wand sprühten.
Auf „Zornfried“ herrscht Hartmut Freiherr von Schierling, der sich mit seiner Frau siezt. Spätestens hier werden die realen Vorbilder der fiktiven Figuren klar. Zornfried ist das Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt. Hartmut Freiherr von Schierling ist der dort beheimatete Götz Kubitschek und seine Frau, Brigitte von Schierling, ist demzufolge Ellen Kositza. Auch Kubitschek und Kositza siezen sich untereinander. In Realität wie im Roman bekommen ihre vielen Töchter Namen verpasst. Die jungen Männer mit dem Buchstaben 'W‘ auf der Kleidung im Roman sind dann eine Anspielung auf das Freizeitfreikorps „konservativ-subversive aktion“, das 2008 bis 2010 von Götz Kubitschek angeleitet wurde.
Diese werden im Buch aber nicht gerade als Elite beschrieben:
Als ich die Kamera in Anschlag brachte, standen die jungen Männer einander schon in Zweiergruppen gegenüber. Die Oberkörper waren nackt und bleich, über die Gürtel quollen Hautwülste, wie sie das Sitzen vor dem Computer erzeugt.“ (Seite 60)
Anders als die Reportagen über Schnellroda wird der Pathos im Buch immer wieder zerbrochen. Auch der Journalist Brock entgiftet sich immer wieder durch Rockmusik im Auto von dem Kampf- und Untergangs-Pathos auf Zornfried.
Anders dagegen seine journalistische Konkurrentin Jenny Zerwien von der „Neuen Allgemeinen“.
Beide sind auf Zornfried, um Storm Linne zu treffen. Doch der von seinen Anhängern als Genie verehrte Dichter taucht nur bei seinen Tafelrunde-Lesungen auf.
Dann droht der abgelegenen Burg auch noch eine Antifa-Demo und die jungen Männer nehmen ihre Verteidigungshaltung ein.

Der Autor Albig kann gut schreiben, wie etwa das folgende Zitat zeigt: Die Worte rollten langsam, als wollten sie einen Berg hinauf. Dann beschleunigten sie, stoßweise, in winzigen Explosionen, und verloren wieder an Fahrt. Ich musste an die Spielzeugautos auf meiner alten Carrera-Rennbahn denken: Ein zarter Druck auf den Joystick und heulend schossen sie aus der Bahn, taumelnd und wirbelnd an ihren kleinen Stromabnehmern.“ (Seite 78)

Das Buch liest sich, besonders auch für Kenner*innen der neurechten Szene, gut und flüssig. Aber 20 Euro für so ein dünnes Büchlein sind dann doch zuviel bezahlt.


Jörg-Uwe Albig: Zornfried, Stuttgart 2019.


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