Buchkritik „Der Architekt des Sultans“ von Elif Shafak

In ihrem 2014 veröffentlichten historischen Roman „Der Architekt des Sultans zeichnet die Schriftstellerin Elif Shafak das fiktive Leben von Jahan aus Hindustan (Indien) im 16. Jahrhundert nach. Dieser kommt als Mahut (Elefantenbändiger) an den Hof des Sultans in Istanbul. Bald wird er aber auch Schüler von Sinan, dem Hofarchitekten des Osmanischen Reiches. 
Mit seinen Mitschülern Davud, Yusuf und Nikola lernt er das Bauen.
Trotz der am Hof herrschenden strengen Rangordnung lernt Jahan Prinzessin Mihrimah kennen und verliebt sich in sie. In Anbetracht der Standesunterschiede eine Liebe ohne Chance. Seine zweite große Liebe gehört seinem weißen Elefanten Chota, der so etwas wie sein bester Freund ist.
Shafak schildert authentisch ein Leben im Istanbul des 16. Jahrhunderts. Religion und Aberglaube beeinflussen immer wieder das Leben der Protagonist*innen ihres Romans. Die osmanische Gesellschaft steht auch auf den Fundamenten einer Sklaven-Gesellschaft. Am Palast sind diese Sklaven häufig Eunuchen. Ohnehin ist der Sultans-Palast eine Stadt in der Stadt. Der Serail bzw. des Menagerie des Sultans ist noch einmal ein abgetrennter Teil, in dem Jahan und Chota mit den anderen Bändigern und ihren Tieren leben. 
Was Istanbul zu dieser Zeit angeht, so beschreibt Shafak gut die multireligiöse und multikulturelle Stadt:
„Die Muslime trugen Turbane, die Juden rote, die Christen schwarze Hüte. Araber, Kurden, Nestorianer, Tscherkessen, Kasachen, Tataren, Albaner, Bulgaren, Griechen, Abchasen, Pomaken – alle gingen sie auf ihre eigenen Wege, nur ihre Schatten fielen aufeinander und vermengen sich unentwirrbar.“ 
(Seite 53) 

Liebhaber*innen historischer Romane und Geschichtsinteressierte kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten und sollten zugreifen.


Elif Shafak: Der Architekt des Sultans, Zürich/Berlin 2015.

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